Wie der Praktikant das Tor des Monats November verpasste!

Der Praktikant hat ja ein gewisses Faible für diesen Proletensport Fußball.

Dabei werden manchmal tiefe Emotionen freigesetzt. Und an einem kalten Mittwochabend schoss der Sportsfreund Arango nach einem 40-Meter-Pass vom besten Mann auf dem Platz, nachdem sogar eine Universität benannt wurde, volley das – vorweggenommene – Tor des Monats.

Der Praktikant hat es verpasst!

Just in diesem Moment „piddelte“ er mit seinem mobilen Endgerät – es wurde zwar nicht getwittert oder -facebookt, sondern eine geschäftliche E-Mail gesichtet. Und wenn sich sein Nebenmann nicht mit Hohn und Spott zusammengerissen hätte, weil er dieses Traumtor nicht mitbekam, und ihn informierte, dass gerade die Wiederholung dieses wunderschönen Treffers auf der Videoleinwand im Stadion laufe, hätte er auch diese verpasst, weil er gerade über das Traumtor twittern musste.

Die Welt 2.0 ist nicht einfach. Auch nicht auf dem Fußballplatz. Findet:

Der Praktikant

 

Grundschuldidaktik bei der Deutschen Bahn

Auf Anraten von Mitpendler Lutz G. aus K. „Bring‘ das doch mal auf feynschliff!„, wollte ich euch folgende Miniatur aus dem ICE 729 nicht vorenthalten:

Unlängst las der Praktikant im Kundenmagazin „DB mobil„, dass zunehmend Quereinsteiger aus Hotellerie & Gastronomie als Zugbegleiter und Servicekräfte bei der Deutschen Bahn arbeiten. An diesem Abend hatte dort ein Herr Dienst, Ende 40, der optisch jedes Klischee, hüstel, vom alternden Flugbegleiter bediente (Habitus, Frisur, Ohrschmuck) und in seiner Jugend sicher nebenberuflich im „TimP“ auftrat.

Er schlendert kontrollierend den Gang entlang, rechts vor mir zückt ein Macht-irgendwas-mit-Medien“-Twen ihr VRR-Jobticket und ich bin sehr, sehr gespannt, wie der Zugbegleiter diese Situation lösen wird…

Die Dame zeigt ihm, sich keiner Schuld bewusst, das VRR-Jobticket.

Er bleibt höchst neutral, sagt: „Was soll ich damit?“

„Das ist mein Fahrausweis.“

„Der gilt hier nicht.“

„Das wusste ich nicht“, die Dame wird hektisch, „ich habe erst vor zwei Tagen meinen neuen Job in Düsseldorf begonnen….“

„Also“, er bleibt ruhig, freundlich und verbindlich und fährt fort:

Mit diesem Fahrschein dürfen Sie nur rote Züge benutzen. Keine weißen Züge. Wir merken uns: Mit dieser Karte nur rote Züge – keine weißen, auch keine weißen mit roten Streifen.

Fantastisch! So hatte ich es noch nie betrachtet und er hatte es miekätzchenesk auf den einfachsten Nenner gebracht! Und auch empfängerorientiert für Pendlerneulinge.

blackmamba_fuer_weisse_zuege

Er zeigt auf meine „Black Mamba“ (Harald Schmidt), nickt, tippt die Dame an, zeigt in meine Richtung und wiederholt:

„Mit dieser Karte dürfen sie weiße Züge benutzen – mit Ihrer nur rote! Schönen Tag noch…“, und geht weiter.

Wer war tief beeindruckt von soviel Didaktik, Langmut und Wissensvermittlung?

Der Praktikant

Der Praktikant fuhr an einem Montag im Juli Regional“express“

Mein Plan: Nach jüngsten Erfahrungen der skurrilen Art (verfahrene resp. fehlgeleitete S-Bahnen), wollte ich doch einfach nur mit dem RE 9 von Deutz nach Mönchengladbach. Den letzten Urlaubstag am Niederrhein verbringen, eine Stippvisite in die alte Heimat, in die Alte Bundesrepublik, nach meinem Dafürhalten ein nicht allzu kühnes Unterfangen, wie ich fand.

Der Zug fährt ein, er rumpelt in den schönen Kölner Hauptbahnhof hinein, irgendwie klingen die Geräusche heute etwas befremdlich. Befremdlicher als sonst. Mit nicht nachvollziehbaren 10 Minuten Verspätung verlassen wir den Hauptbahnhof, alles wirkt heute so langsam… Entschleunigung durch den Urlaub? Fern der operativen Hektik kommt mir vielleicht alles langsamer vor… ich ärgere mich kurz, daß ich nicht den ICE Eugen Egner nach Düsseldorf nahm und dann die S 8… aber Dinge geschehen. Der Zug wird langsam und langsamer. Komme mir vor wie der Protagonist in einer Schelmengeschichte von Franz Kafka, Fips Asmussen oder Wiglaf Droste. Langsamer… und langsamer. Zwischen dem Knotenbahnhof und noch vor dem Backsteinbau des Saturns überholen uns am Bahnsteig locker ein paar gehbehinderte I-Dötzchen. Und dann hatte ich es nach einer halben Stunde (!) immerhin von Deutz bis Köln-Hansaring (!!) geschafft… und jetzt stehen wir wieder, der Zugführer zerstört mein Passagierdasein mit den teuflischen Worten „Störung am Triebfahrzeug“… Stop & Go im Regionalexpress. Wenn das so weitergeht, rechne ich kurz hoch, dauert die Fahrt nach Mönchengladbach circa acht bis neun Stunden. Aber es ging ja nicht weiter. Ich rechne damit, dass wir zum Hauptbahnhof zurückfahren oder am Hansaring oder in Ehrenfeld auf andere ÖPNV oder regionale Verkehrsmittel verteilt werden… hach, ich wusste so wenig

Mit letzter Kraft Ehrenfeld erreicht… BEINAHE! Uns fehlen noch circa 900 Meter bis zum Bahnsteig. So, jetzt gerade die Stunde vollgemacht: Stehen immer noch vor Köln-Ehrenfeld. Langsam nervt es WIRKLICH! Werde den Ausflug abbrechen. Wenn ich raus komme, schreibe ich einen Thriller: Trapped in ze Regionalexpress. Ein packender & schonungsloser Tatsachenbericht aus der Welt des Nahreiseverkehrs. Ich will jetzt hier raus! Eben hat ein freundlicher Bahnmitarbeiter die Fenster geöffnet, das ist gut, denn die Klimaanlage ist ausgefallen. Ich will jetzt hier raus und zeige mich gleich mal MEINUNGSSTARK gegenüber dem Herrn mit dem orangefarbenen „Notfallmanager“-Lätzchen, der neben den Zug herumturnt und das Lokalkolorit meiner Wahlheimat befördert – der Jean-Pütz-Schnauzer bedeckt gefühlte 50 Prozent seines Gesichtes. Es ist unfassbar heiß im Zug, kurioserweise gibt es kaum ein Murren, niemand ist panisch, offensiv-genervt, kein Galgenhumor, niemand beginnt – gottseidank – das obligatorische Deutsche-Bahn-Bashing, nur ein Osteuropäer, der im Zug raucht, zieht kurz den Unmut auf sich. Die Durchsagen aus dem Führerstand werden jedoch nicht erquicklicher:

Szenen einer Evakuierung aus einem Regionalexpress I
 Szenen einer Evakuierung aus einem Regionalexpress I

[Knack, knister, hust, brizzl] „So. [Längere Kunstpause] Das Fahrzeug kann nicht mehr bewegt werden. In Kürze erfolgt eine Evakuierung des Fahrzeugs über die erste Tür in Fahrtrichtung“. Schöne Menschen, schöne Gedanken. Immerhin opfere ich meine Zeit hier für eine Premiere, die ich als Vielfahrer bis dato auch noch nicht im Koffer hatte.

Doch auch nach der Ankündigung der Evakuierung vergehen noch einmal 40 Minuten, das ist wirklich die oberste Metaebene, die Bahn hat Verspätung bei der Evakuierung, ich twittere Hilfeschreie in die Welt, denen ich den Hashtag #gefangener-der-db hinzufüge, der Mann mit dem orangenen Leibchen „Notfallmanager“ mutiert weiterhin überfordert auf den Gleisen rum. So. Ich würde jetzt gerne mal evakuiert werden! HALLOOOO? Machen die erst ’ne EvakuierungsSCHULUNG? Hier tut sich NICHTS! Werde gleich in Deutz am Schalter Bambule machen. Avanti, Dilettanti! Erhalte eine e-mail von einem Freund:

Ich kenn‘ ’nen astreinen Italiener in der Nähe. Den Gleiskörper entlang (Vorsicht, da kommt der Thalys immer langgeknallt) bis Technologiepark Müngersdorf, am Schrottplatz links abbiegen, oben bei der Schufa rechts rum. Ristorante Angelo. Und Mama Concetta schön grüssen. Danke. Bitte.

Abenteuer Deutsche Bahn!Soeben wurde ich evakuiert und bin – samt Hilfestellung vom Notfallmanager – wie damals im Turnunterricht – aufs Gleisbrett gesprungen!„, ist meine Antwortmail, der Appetit durch das Abenteuer wie weggeblasen. Neben uns steht der Evakuierungszug. Mit diesem geht es hoffentlich weiter. Er hält auf dem Paralellgleis und die Menschen springen auf’s Gleisbrett – samt Auffangstellung & empfangsbereiter Arme von freundlichen DBlern und dem Notfallmanager… man klettert in den anderen Zug. Ein älterer Herr wird von zwei Mitarbeitern der Bahn auf Höhe seiner Oberschenkel angehoben und zum anderen Zug transferiert… Szenen, die ich noch nie sah. Mit dem Evakuierungszug geht es endlich weiter. Schreckliche Einzelschicksale: Neben mir eine Touristin, die in Ehrenfeld aussteigen wollte und der nur 900 m zu einem rundum gelungenen Urlaub fehlten. Auch sie schicksalsergeben. Endlich. Im Kopf ein Klopfen… Zwei Stunden. Zwei Stunden. Ehrenfeld. 2 Stunden für Kalk-Ehrenfeld. Grandezza! Auf dem Rückweg trieb ich den Teufel mit dem Beelzebub aus und wagte mich via KVB zurück nach Deutz.

In Deutz dann loveparadeeske Menschenmassen am „Infopoint“. Und direkt eine Atmosphäre, wie bei einer Monsterjagd – dennoch trug keiner eine Fackel oder Mistgabel. Volkszorn & Schreiereien zwischen Wartenden & überforderten DB-Mitarbeitern (m/w). Ich stehe und warte auf meine Verspätungsbescheinigung. Einer der Unmutsrädelsführer, der mehrfach den Mitarbeitern zuruft: „So vergraulen Sie Kunden! Und was ist mit den beiden da – kriegen die ne Eheberatung?“, trägt nicht gerade zur Deeskalation bei…

Szenen einer Evakuierung aus einem Regionalexpress II
Szenen einer Evakuierung aus einem Regionalexpress II

Der Antiblauhelm spricht mich direkt an: „Sagen Sie doch auch mal was – das ist doch alles hier falsch organisiert. Beschweren Sie sich doch auch, bitte!“ Mit einer Deadmetaltodesstimme antworte ich: „Ich war gerade zweieinhalb Stunden in einem Zug eingesperrt, es ist warm und hier drückt die Hitze wegen der Menschenmassen. Ich möchte mich NICHT äußern – dafür haben sie sicher Verständnis!“

Und dann das unerwartete Krönchen des Tages: Erst schrie der Schalterbeamte Servicemitarbeiter Herr J. (Name dem Autor bekannt) an der Information wartende Kunden an, sie sollen sich „verp***en“ und „verschwinden“ und dann sagte er, er sei für meine Verspätungsbescheinigung nicht zuständig, dies mache der mobile Servicemitarbeiter mit der roten Kappe. Auf mein Insistieren, dass ich jetzt nicht den ganzen Bahnhof absuche, und er solle ihn ausrufen lassen, gab er barsche Widerworte. Aus Gründen der Zivilisiertheit, bin ich dann abgehauen, weil sonst hätte ich ihn, hüstel, geboxt. So ein Zugausfall kann immer mal passieren. Aber ein solch indiskutables Verhalten am Schalter… den lasse ich nachher bei der Hotline über die Klinge springen. Unter 20 Euro Mitropagutscheinen mache ich es diesmal nicht. Runterkommen: Ich aber schrieb ostentativ seinen Namen Buchstabe für Buchstabe auf und ließ ihn mir noch mal buchstabieren. Zur Sicherheit. Meine Gesichtsfarbe dürfte zu diesem Zeitpunkt schon ein dunkles Purpur angenommen habe und mein Blutdruck und das Adrenalin war auf dem Niveau „Erstes Mal Bungeejumping – garantiert ohne Seil“, aber ich wünsche, alles an Kinderstube und Zivilisation zusammenkratzend, ihm einen schönen Tag und verlasse den Ort der Impertinenz, ich….

Der Praktikant

Freilaufende WAS?

Ja, auf dem Land – da ist die Welt noch in Ordnung: Dort gibt es nicht nur Bio-Gemüse und Öko-Eier von freilaufenden Hühnern. Nein, dort gibt es sogar freilaufende Kinder! Idyllische Zustände, von denen wir Städter uns gar keine Vorstellung machen können…

Freilaufende Kinder