EURO2012-Tagebuch (9)

[Vor der Vorrunde]

07.06.2012:

Noch einmal schlafenund dann geht es endlich los.

Hmmmh, ob sich Jogi schon ärgert, Jantschke nicht ausprobiert zu haben? Die Wahl zwischen Boateng und Schmelzer ist nicht wirklich angenehm, vor allem weil der Dortmunder bei der Nationalmannschaft noch stärker schwächelt als seine Kollegen. Bei den Innenverteidigern könnte ich mir auch Mertesacker/Hummels vorstellen. Auch wenn Löw eben treu ist, und das meist zu Recht, weiß ich nicht, wo Badstuber sich dermaßen bei ihm verdient gemacht hat. Gutes Paßspiel und Eröffnung, ja, aber das hat Hummels alles dreifach. Nur bisher weniger Fortune als bei Dortmund. Aber das mag auch am diametral entgegengesetzten Spielsystem Klopp-Löw liegen.

Vorne macht das Spielen natürlich mehr Spaß. Ich würde gerne sehen, wenn man „Ötzi und Götzi“ kombinieren könnte. Ziemlich genial müsste die Kombi „Reus-Özil-Götze / Klose sein, noch lieber würde ich mal „Müller-Özil-Götze / Reus“ sehen.

Und dann die Lobhudeleien der internationalen Presse einheimsen.

Es bleibt dabei: Mit unserer „Abwehr“ – im abwehrfreien Raum – müssen wir es wahrscheinlich wie Borussia Mönchengladbach in den frühen Siebzigern versuchen: Ein 6:4 statt eines 1:0 – also alles völlig „undeutsch“. Aber dann ist es halt so.

Und bei Klose kann man nur ausrufen: „Machet, Alter!“ Oder wie er gestern in der Printausgabe des KStA [mittlerweile nicht mehr online] zitiert wurde:

„Noch tragen mich meine Beine, deswegen schleppe ich meinen Kadaver noch ein bisschen durch.“ (Miroslav Klose)

Ich hoffe sehr, der alte Mann schleppt sich bis nach Kiew am 01.07.2012… obwohl am Samstag – laut sueddeutsche.de – erst einmal die lange Hand Michel Platinis zugreift: „Franzose Lannoy pfeift deutsches Auftaktspiel„.

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HIER geht es zum EM-Spezial von Spiegel online.

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Auch im wunderschönen Köln hat sich die Werbewirtschaft auf die EM eingegroovt. Und wenn es dann noch eine so gelungene Wort-Bild-Botschaft ist – ja, dann kann ja nichts mehr schief gehen.

Oder?

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Was sonst noch passierte / Presseschau:

Die „Generation Star Wars“ hält inne:

„Ein kleiner Kulturschock ereilt uns auch, wenn wir uns klarmachen, was in den letzten Jahrzehnten alles verschwunden ist, das uns früher ganz selbstverständlich im Alltag umgeben hat: Videokassetten, Disketten, das Surren des Wählscheibentelefons, wenn sich der behäbige Lochkreis nach jeder Zahl gemächlich an seinen Ausgangspunkt zurückbegab.“ (Quelle)

So wird es also dereinst sein, wenn wir in zehn Jahren über „Sitzplätze“, „südländische Atmosphäre im Fußballstadion“, und „Vollbier“ hinter der Kurve sprechen….

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Das Thema „Menschrechte in der Ukraine“ und die politischen Implikationen scheint immer noch brennend heiß zu sein, auch Franz Josef Wagner nimmt sich des Themas an. Er gießt Sätze aus Granit, es manifestiert sich in einem Wort. Nicht: „Wie heißt denn Dein Ball?“, wie in „Das Leben der Anderen“, sondern die Parole lautet:

FREIHEITSBALL!!!!

Aber lassen wir den Meister  doch einfach selbst zu Wort kommen:

[…] wie laut dürfen wir über Tore in der Ukraine jubeln angesichts Ihrer Situation? Die Fenster Ihres Krankenzimmers sind mit Folien zugeklebt, das Tageslicht wird Ihnen verweigert.

Wie soll man sich als Fan im Stadion verhalten? Oder als Fan vor dem TV? Wie kann man Fußball spielen in einem Land ohne Menschenrechte?

Ich denke, man kann es, man muss es. Denn Fußball ist toll.

Fußball ist Freiheit. Kein Diktator kann Tore befehlen. Keine Polizei kann Jubel verhindern.

Es ist dieser Ball, der Brennpunkt unserer Augen, der Freiheitsball.

Verhaftet nicht den Freiheitsball!

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<+ + + + Update  + + + +>

Gestern hat Mutti Frau Dr. Angela Merkel der Nationalmannschaft einen Besuch abgestattet. Sie meint es eben auch erst. Denn sie möchte in die Bredouille kommen, überlegen zu müssen, ob sie am 01.07.2012 nach Kiew reist. Und ein paar aufmunternde Worte gab es für Jogis Löwen:

Ich habe bei meinem Besuch einen wunderbaren Mannschaftsgeist und viel Zusammenhalt unter den Spielern gespürt“, sagt sie. „Jetzt wünsche ich dem Team – wie viele Millionen Menschen in Deutschland – Erfolg und das notwendige Quäntchen Glück.

Mutti bei der Mannschaft – das muß sie doch motivieren. Es geht immer um alles!

</+ + + + Update  + + + +>

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