Der Geheimtipp in Prag: Das Všebaráčnická Rychta

Da der zweite Vorname des Praktikanten „Altruismus“ ist, lege ich direkt los:

Nach einem Besuch im Restaurant „U Fleků“, das ich nach 21,5 Jahren unbedingt mal wieder besuchen wollte, waren wir doch etwas enttäuscht, da es zu einer reinen „Touristenfalle“ geworden ist. Essen gut, aber es ist alles zur Kirmes verkommen bei sehr happigen Preisen und aufgedrängten überteuerten Beckerovkas (79 Kronen).

Was könnte dem abhelfen?

Etwas wie das „U Fleků“ vor der Samtenen Revolution wäre angezeigt. Dann kam ich auf die Idee – hatten wir doch W-Lan in unserer Unterkunft – „lass‘ uns doch mal bei Qype schauen, ob es da eine Empfehlung für typisch tschechisches Essen gibt?“

Und so kamen wir auf das Všebaráčnická Rychta.

Und hier schlagen zwei Herzen in meiner Brust:

1. Man darf den Laden nicht empfehlen, weil er dann kein Geheimtipp mehr ist und ein solch angenehmer Besuch, wie wir ihn Mitte Mai 2010 hatten, vielleicht nicht mehr möglich ist.

2. Alle Pragbesucher, die mal „authentische“ böhmische Küche ohne Schnickschnack erleben wollen, sind aufgefordert, das Všebaráčnická Rychta in der Nähe der US-amerikanischen Botschaft zu besuchen.

Durch diese Tür geht es…

… und dann… kommt man in ein Interieur, das an eine Mischung aus Wiener Beisl, Eckkneipe und bömisch-kölsches Brauhaus erinnert.

Die Karte ist auf englisch und tschechisch.

Der großartige Kellner, halbfreundlich, jedoch charmant und jederzeit präsent, irgendwie in der k.u.k-Tradition Wiens & Prags stehend, war jederzeit Herr der Lage und sprach ausreichend englisch, so dass wir mit einer kruden englisch-polnisch-deutschen Kommunikation unsere Bestellung aufgeben konnten.

Ich setzte ferner u.a. mein gefürchtetes Drei-Wort-Tschechisch („Dobrý den!“, „Dekuji“, „Ahoj!“) ein. Es waren fast nur Tschechen im Lokal, was mir, neben dem Umstand, dass es scheinbar der Treffpunkt der Prager Männergesangsvereine ist, sofort ein gutes Gefühl gab und die Chancen erhöhte, traditionelle und bodenständige böhmische Küche zu genießen.

Und es gab all das, was man sich wünscht: Rustikale Schweinebraten, Rind, Huhn, Serviettenknödel, Speckknödel, Rohe Klöße, Grillplatte böhmischer Art.


Die böhmische Küche ist nichts für Kalorienzähler, Textur- und Sensorik-Freunde, das ist einfach bodenständiges K.u.K-„Soulfood“!

Und das große Pilsener Urquell (0,5l) kostet nur 37 KC, also etwa 1,48 Euro. Hervorzuheben ist die unfassbare Übersicht des Kellners, der, obwohl allein agierend, neben der Aufnahme der Bestellungen und dem Servieren des Essens eine schnelle Bierversorgung gewährleistete, wie sie einem kölschen Brauhaus ebenfalls zur Ehre gereichen würde.

To cut a long story short:

Unbedingt besuchen, wenn man einen letzten Rest des nichttouristischen Prags sehen will.

Wer ist immer noch begeistert?

Der Praktikant.

Diesen Beitrag teilen