Telefonierer in der Ruhezone

… was wie ein Bandname einer Neunzigerjahre-Elektronikband deutscher Zunge klingt, ist schlicht und einfach ein Ärgernis im Fernreiseverkehr! Jeder kennt es, das Piktogramm mit dem auf den Mund gelegten Finger, das die Ruhezone ausweist.

Man möchte im ICE noch ein wenig in Ruhe arbeiten oder sich „Software für Snobs“ (vulgo: Bücher) zuführen und dann brüllt ein Ignorant Zellhaufen Mensch ständig ins Mobiltelefon. Sich darüber zu mokieren oder einen Werteverfall anzuprangern, ist in etwa so sinnvoll, wie sich über die englischsprachigen Zugdurchsagen („Zenk ju for träwweling wiff Deutsche Bahn„) lustig zu machen.

Das Nichtbeachten der Ruhezone nervt einfach und stört, gerade weil man noch etwas arbeiten / lesen / schreiben / kontemplieren möchte und gerade deswegen die Ruhezone gebucht hat. Es stört.  Und dann hat man wieder einmal den 200-Phon-Umweltverschmutzer vor sich sitzen und keinen Störsender bei sich:

Was tun?

Höfliche Bitten dies einzustellen, werden zumeist schnippisch beantwortet, geht man zu brachial und meinunsstark vor, hat es einen blogwartesken Beigeschmack. Doch nun hat der Praktikant eine Methode entwickelt, die bisher in hundert Prozent der Fälle (bei zwei Anwendungen: Dienstag im ICE 527 – Fertigstellung einer „Collection für Mailand“ und gestern im ICE 729 „Angebotspräsentation“) funktionierte. Begeistert twitterte ich:

tweet_17122009

Ich ging freundlich zum Telefonierer, wartete ruhig eine Gesprächspause ab und fragte, betont freundlich:

„‚Tschuldigen Sie, darf ich ein Foto von Ihnen machen?“

„Warum?“

„Ach, das ist nur für meinen Blog ‚Menschen, die in der Ruhezone telefonieren!'“.

Empörtes Kopfschütteln und weit aufgerissene Augen des Angesprochenen, ein gemurmeltes “Was soll denn das?” und doch: Danach hörte ich zeitnah ein recht kleinlautes “Du, ich muss Schluss machen!“, während ich zu meinem Sitzplatz zurücktrottete.  Hat jetzt zweimal sehr gut bei deutschen Muttersprachlern funktioniert. Wer ist davon begeistert und vorweihnachtlich gestimmt?

Der Praktikant

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3 Comments

  1. schomb@ sagt:

    … mit dem Fotographieren und Dokumentieren von Minderleistungen in Bahnzusammenhängen hatte der Kollege Henryk M. Broder nicht so viel Glück:

    http://www.welt.de/politik/deutschland/article120852781/Die-Dame-von-der-Bahn-verweigert-die-Bedienung.html

  2. Klaus sagt:

    Leider sitzt man aber manchmal in der Ruhezone, obwohl man in der Handyzone reserviert hatte, weil durch „Störungen im Betriebsablauf“ oder was auch immer der Deutschen Bahn der entsprechende Wagen nicht vorhanden ist. Und dann? Man hatte ja extra in der Handyzne reserviert, weil man telefonieren will / muss…

  3. schomb@ sagt:

    Auf Spon findet sich heute ein passender & treffender Artikel, der mit dem Problem korrespondiert:

    http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,713782,00.html

    DP.